Die erträgliche Leichtigkeit des Weins (Jungweinprobe 2014)

Jungweinprobe 2014

Freyburg an der Unstrut ist leicht zu finden. Man muss nur den italienischen Tanklastzügen voller „Wein“ folgen und schon kommt man unbeirrt zur dortigen Sektkellerei. Genauer gesagt, zum alten Lichthof. Und der ist so uninteressant nicht. An diesem Freitag im April 2014.
Denn an diesem Ort findet im jährlichen Wechsel mit Sachsen die „Große Gemeinsame Jungweinprobe der Weinanbaugebiete Saale-Unstrut und Sachsen“ statt. Im folgenden Jungweinprobe genannt. Immerhin die beste einzige Möglichkeit den Stand der östlichen Weingüter einigermaßen umfassend zu vergleichen. Man kann es vielleicht so sagen: Hier sind alle relevanten Weingüter von Saale, Elbe und Unstrut vertreten, außer Klaus Zimmerling.
Und da sind wir auch schon bei den ersten Unterschieden. Es gibt Weine, die können es gar nicht erwarten, möglichst schnell beim oder im Konsumenten zu verschwinden. Gestern geerntet, heute im Keller. Morgen in der Flasche, übermorgen im Regal. Dafür wurde die Jungweinprobe ursprünglich erdacht. Denn das Gros der Weine von Saale, Unstrut und Elbe war früher von derlei Machart.
Diese Weine (und Winzer) gibt es heute zwar immer noch. Aber, bei den besonders engagierten Erzeugern ist schon länger ein Prozess im Gange. Wenigstens einem Teil der Weine Zeit zu geben. Das Potential mehr zur Reife zu nutzen, statt alles möglichst schnell bei den Kunden zu verklappen. Hier ist man an Saale und Unstrut allerdings schon weiter als im „Tal der Ahnungslosen“. Zum Beispiel mit den Weinen vom „Breitengrad 51“. Dazu später einmal mehr an dieser Stelle. Aber auch in Sachsen ist das „Zeit geben“ nicht ganz unbekannt. Wie oben genannter Klaus Zimmerling schon lange zeigt.
Wie dem auch sein, die Jungweinprobe ist nach wie vor die Gelegenheit. Wohin geht es gerade im Osten?
Die Qualität des Jahrgangs 2013 geht in Ordnung. Kein Jahrhundertjahrgang, aber auch kein Grund zur Klage. Klar, gejammert wird immer. Es gab weniger Menge, aber das hört man ja schon seit Jahren. Ganz oben, an der Spitze gibt es keine Veränderungen. Aber das Mittelfeld rückt näher zusammen. Damit bestätigt sich der Trend der letzten Jahre. 2013 hat im Vergleich zu 2011 mehr Steine als Zucker in der Flasche. Ob ganz freiwillig, vermag ich nicht immer zu sagen. Mir soll es recht sein. (Anmerkung: Diesen Absatz habe ich etwas überarbeitet. Die Weinpolizei meinte, es würde teilweise Käse drin stehen. Und darüber wollte ich nicht schreiben…)
Auch wenn die Weine teilweise erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen. Große Überraschungen habe ich keine gefunden.
In Saale-Unstrut sind André Gussek, Bernhard Pawis und Klaus Böhme auch in diese Jahr eine sichere Bank. Auch der nicht immer unumstrittene Uwe Lützkendorf hat mich wieder mit seiner eigenständigen Art überzeugt.
Matthias Hey sowieso. Er marschiert weiter nach vorn und versorgt mit seinen Ideen das ganze Anbaugebiet mit neuem Wind. Und der ist in der Breite dringend nötig. Sonst schreitet die schleichende Vergreisung der Kundschaft weiter fort. Jemanden wie ihn würde auch die Elberegion brauchen! Unbedingt!
Gefallen haben mir auch Stichproben der Weingüter Born, Triebe und Zahn. Auch der Thüringer Ableger des Prinzen zur Lippe segelt, trotz – immer noch – etwas widrigen Umstände, auf Kurs.
Das kann man vom sächsischen „Mutterhaus“ ebenso sagen. Welchen Weg die Weine unter dem neuen Kellermeister Jacques du Preez gehen darf man noch abwarten. Es scheint aber weniger Experimente zu geben. Vielleicht Schade. Denn, mein Wein des Tages kam von Schloss Proschwitz. Allerdings noch entstanden unter Ex-Kellermeister Martin Schwarz. Ein Dornfelder. Richtig gehört! Ein 2011er (sic!) Schloss Proschwitz Dornfelder Barrique. Ein sächsischer Rotwein, der auch aus dem Bordeaux kommen könnte. Unglaublich was hier aus der eher blassen Rebsorte gemacht wurde. Muss man nicht mögen, zeigt aber was in Sachsen gehen kann. Auch mal gegen die Richtung schwimmen. Wenn man nur will. Oder eben kann.
Martin Schwarz selbst war zwar nur mit einer Flasche „Rot von Schwarz“ (ohne Jahrgang) vertreten. Mein Eindruck: Um ihn und seinen Stil sollte man sich keine Sorgen machen.
Das gilt auch für die Weine von Karl-Friedrich Aust oder Tim Strasser. Die machen schon jetzt Freude, die Weine.
Mit ersten Proben war das neue, mit ordentlichem Tamtam gestartete Winzerduo „kastler friedland“ vertreten. (Hinweis: Bernd Kastler und Enrico Friedland stehen im Sächsischen Weinbauverband ganz oben) Mein erster Eindruck war so schlecht nicht. Wer mag, mehr Einzelheiten zum Thema. Drüben bei den Kollegen hier und da.
Apropos, Tamtam. Pflichtgemäß wurde von offizieller, sächsischer Seite der Goldriesling über den grünen Klee gelobt. Wieder einmal. Die Begeisterung hielt sich aber bei Besuchern, auch der älteren Semester, augenscheinlich in Grenzen. Wieder einmal. Wer trinkt das Zeug eigentlich?
Da ich ebenfalls (wieder einmal) einen großen Bogen darum gemacht habe, war ich recht zufrieden mit dem Tag. Auch wenn ich zwei, drei weitere (ältere) Neulinge aus Sachsen vermisst habe. Aber die sind vielleicht im nächsten Jahr dabei. Dann findet die Chose wieder in Sachsen (in Dresden?) statt.



Noch mehr Zeug ...