Der Bussard. Schampus des Ostens?

bussard

Wenn ich an Sekt und DDR denke, dann fällt mir komischerweise immer der eher unbekannte „Aramis“ von damals ein. Unter heutigen Maßstäben würde man den Musketier in Flaschenform wohl allerhöchstens als Schaumweingetränk bezeichnen. Denn das Zeug schmeckte nach Aprikosen. Natürlich erzeugt durch künstliche Aromen. Trotzdem, Sekt und Aprikosen, ein ziemlich exotisches Erlebnis. Damals vor über zwanzig Jahren.
Wo dieses – damals für mich ziemlich geile – Gemisch erdacht wurde kann ich nicht mehr genau sagen. Es war aber definitiv nicht aus Freyburg an der Unstrut.
Nein, Sekt und DDR konnte man nicht nur auf Rotkäppchen reduzieren.
Da genügt für mich schon ein kurzer Blick vor die Haustür. Nach Radebeul, wo wir ja erst waren.
Schon um 1827 hat man sich in der Lößnitz, im heutigen Radebeul an einem „moussierenden Wein“ versucht. So richtig in Gang kam die Geschichte aber erst ungefähr zehn Jahre später, als ein gewisser Monsieur Mouzon aus Rheims das richtige Know-how aus der Campagne mitbrachte.
Das funktionierte offensichtlich recht gut, in den ersten Jahrzehnten kam man auf rund 760.000 Flaschen.
1897 bekam das Ganze dann den Namen „Sektkellerei Bussard“. Und so ging es dann fröhlich weiter. Der Bussard perlte sich durch die Jahrzehnte, vorbei an diversen Kriegen und den damit verbundenen Krisen. Diese Strähne riss dann aber doch. Kurz nach dem 2. Weltkrieg war Schluss mit Schampus. Zumindest in diesem Teil Deutschlands war man lange Zeit nicht wirklich in Sektlaune.
Aber auch im Osten ging es langsam wieder aufwärts und 1955 als Sektkellerei Bussard Voigt & Co. KG wieder los.
Aber wie bei vielen, noch verblieben Privatbetrieben machten Honecker und Co. 1972 endgültig den Sack zu. Der Betrieb wurde enteignet und in das VEG Weinbau Radebeul integriert. Feindliche Übernahme würde man heute wohl sagen.
Ende der 70er Jahre verabschiedete man sich nicht nur vom Handwerk der klassischen Flaschengärung, sondern gleich vom ganzen Betrieb. Die Sektkellerei Bussard wurde endgültig dicht gemacht und die zweitälteste Sektkellerei Deutschlands war einmal.
Bis vor ein paar Jahren. Die Namensrechte lagen inzwischen bei Schloss Wackerbarth, dem Nachfolger des VEG Weinbau Radebeul und heutigen Staatsweingut.
Ob es auch daran lag, dass Radebeul immer noch die reichste Stadt Ostdeutschlands ist, kann ich nicht sagen. Aber jetzt, im 21. Jahrhundert man machte sich an eine Neuauflage des Ost-Champagners.
Um auch nur den Hauch einer Art Rotkäppchen 2.0 zu vermeiden, griff man tief in die Kiste. Auch der Abstand zu den Brot-und-Butter Sekten aus dem Hause wollte ja gewahrt sein.
Gold und Schwarz sollten den Spitzensekt als solchen erkennbar machen. Händler sind da zwar nicht wirklich begeistert, aber ohne die Flaschenform á la „Sachsenkeule“ ging es auch nicht.
Dann ein Name, am besten Premium. Bussard Royal Monsieur Mouzon extra trocken. Eine „Hommage“ an Monsieur Mouzon, den wir noch aus den Jahren um 1836 kennen, steht auf meiner Flasche. Ja, Schloss Wackerbarth und der Hang zu Editionen.
Drin steckt eine Cuvée aus Riesling, Elbling und Kerner, welche drei Jahre auf der Hefe steht. Gerüttelt wird natürlich vier Wochen von Hand. Die Dossage besteht aus einem kräftigen Schluck Traminer Trockenbeerenauslese. Schon mal nicht schlecht.
Allerdings sollte man keinen knacktrockenen Champagner-Klon erwarten. Mit einer Restsüße von 14 g/l ist er reichlich extra trocken und jenseits von brut oder gar extra brut.
Die Nase ist vornehm zurückhaltend, keine Vomit-Fahne. Ein paar herbe Bananen vielleicht.
Im Mund wird es konkreter. Man leckt etwas am Kalk. Etwas Eisbonbon. Noch mal Bananen vielleicht, Äpfel ganz sicher. Alles durchaus frisch und nicht aufgesetzt. Wer es sich zutraut, kann sich im Raten von Rebsorten versuchen. Für die Statistiker: Alkohol 12%.
Mir persönlich könnte er etwas trockener sein, aber so trinkt er sich solo ganz gut.
Ja, und da sind wir beim Preis. Mit knapp 40 Euro gibt man sich doch recht sportlich. Selbst wenn man eine limitierte Auflage von 2.500 Flaschen vor sich hat. Die Kröte muss man schlucken. Aber das ist ja beim „echten“ Champagner oft nicht viel anders.

(Dieser Artikel erschien zuerst bei CaptainCork.com)



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