Manincor. Heißer Shice. Galore

Manincor

Ich sitze gerade über einer Flasche Réserve della Contessa und betrinke mich damit stilvoll. Bevor ich in einen neuen Bewustseinsstand hinübergleite, wird mir wieder einmal klar, dass ich von Manincor noch nie einen beschissenen Wein getrunken habe. Nie.
Und, dass ich an anderer Stelle schon einmal etwas über einen Wein aus gleichem Hause geschrieben hatte. Den krame ich mal hervor und lasse ihn nun folgen. Bittesehr!

Für manche Leute ist Südtirol das Thüringen Italiens. Es soll Menschen geben, die glauben, Südtirol gibt es eigentlich gar nicht. Allenfalls wäre es der südlichen Teil Österreichs. Andere glauben, dorthin fahren nur Seniorenbusse. Nach Meran, im Frühling. Was soll man zudem von einem Landstrich halten, der so etwas wie Vincent und Fernando, Rudy Giovannini oder Frei.Wild hervorbringt beziehungsweise hervorgebracht hat?
So etwas würde ich natürlich nie behaupten. Ehrlich. Außer, das mit den Sängern vermutlich. Trotzdem bin auch ich eher durch oder vorbei gereist. Zum Beispiel in den Skiurlaub. Ich bin einmal nach Bormio gefahren. Falls wer den Ort kennt. Ein Fehler, ich weiß. Nein, so schlimm war es gar nicht.

Holz auf Stein

Dennoch, dies würde mir so heute nicht mehr passieren. Denn auf dem Weg dorthin bin ich an Kaltern vorbeigekommen. Da würde ich bleiben. Nicht weil ich dort besser Ski fahren könnte, der Ort reizvoller wäre oder überhaupt. Nein, dort gibt es Wein. Und zwar sehr guten. In diesem Falle vom Weingut Manincor. Und vom gleichnamigen, 12 ha großen Weinberg kommt der 2012 Cassiano. Dolomitischer Kalkschotter, sandige Lehmböden, vulkanischer Granit, Porphyr, Quarz, Basalt klingen nach guten Voraussetzungen für die Trauben. In dem Fall eine 2012er Cuvée von Merlot und Cabernet Franc. Hauptsächlich. „If anyone orders Merlot, I’m leaving!“ Easy, Miles!
Seperat gekeltert, spontan vergoren und dann ein achtzehnmonatiger Holzausbau im Barrique. Klingt gut.

Also, an die Flasche. Naturkork, leider. Aber immerhin ohne Fehler.
Nach dem öffnen sitzt der Wein wie der Hase vor der Schlange. Niedlich, aber…
Er braucht Luft. Man sich etwas gedulden. Der ungeduldige nimmt ein möglichst großes Glas. Dann können wir uns an einem dezenten Duft nach schwarzen Johannisbeeren und dunklen Kirschen erfreuen. Dazu ein paar wenige Gartenkräuter und einem Hauch von Baileys. Was die Damen erfreuen dürfte.

Schrei nach Fleisch

Im Mund geht es weiter zur Sache. Eine Hand voll Marmorkiesel. Ganz viel Marmorkiesel. Dazu ein kräftiger Biss in einen Schüssel voller, da sind sie wieder, schwarze Johannisbeeren und dunklen Kirschen. Dazu ein paar Datteln. Am Ende bekommen wir dann als Nachtisch reichlich Bitterschokolade. Die kommt zwar dominant, aber nicht mit der Peitsche. Sehr saftig der ganze Spaß, aber keine Marmelade. Nein. Schlank und elegant. Schön samtig auf der Zunge und kein fusseliger Pelz.
Natürlich schreit das Zeug nach Fleisch. Rotem Fleisch. Aber, unter uns, ich würde ihn auch so trinken.
Muss ich noch erwähnen das der Cassiano Bio ist? Eigentlich nicht. Das Weingut wirtschaftet nachhaltig, somit ist es natürlich auch der Cassiano.

Bei aller Freunde. Da geht noch was, der Wein steht definitiv noch am Anfang seiner Karriere. Er fühlt sich an wie ein 1968er Chevy 8-Zylinder im Leerlauf. Macht Spaß, aber man ahnt, da geht noch eine Menge. Der Wein schafft noch locker zehn und mehr Jahre. Hat also ordentlich Lagerpotential. Ich würde mir eine Kiste kaufen und jedes Jahr eine Flasche trinken. Wenn ich soviel Geduld aufbringen würde.

Manincor
St. Josef am See 4
I-39052 Kaltern / Italia

www.manincor.com/de

(Hinweis: Dieser Artikel stand zuerst, vor einigen Jahren, bei Captain Cork. Hier ist er eventuell stark verändert und an dieses Blog angepasst. Oder auch nicht. Die Flasche wurde mir, auf meinen persönlichen Wunsch und gegen eine Woche Flaschen zum Leergutcontainer bringen, zur Verfügung gestellt.)



Noch mehr Zeug ...