Weingut Schloss Wackerbarth. Weinbau Ost
Die Gegend um Dresden hieß früher mal Tal der Ahnungslosen oder ARD (Außer Raum Dresden). Das hatte aber nichts mit Wein, sondern mit dem Westfernsehen zu tun. Das war nämlich zu DDR-Zeiten selbst mit Beziehungen und robustester, russischer Nachrichtentechnik nicht auf den einheimischen Buntfernseher zu bekommen.
Wer das Pech – oder in diesem Fall – Glück hatte im Tal der Ahnungslosen zu wohnen, der konnte Wein auch selbst anbauen. Die Voraussetzungen waren gut. Ohne Thomas Gottschalk und Rudi Carrell gab es weniger Ablenkung. Außerdem spielte das Klima hier auch schon vor dessen globalem Wandel ganz gut mit. Mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 9,2° C ist das Elbtal an dieser Stelle die wärmste Region in Sachsen.
Vorausgesetzt man hatte das Glück an ein Stück Weinberg zu kommen. Beim Keltern und Verkaufen war aber oft schon wieder Schluss mit der Kreativität. Das übernahmen freundlicherweise die beiden volkseigenen Weinbaubetriebe.
Beide gibt es noch heute. Nur heißen sie jetzt anders. Das Volkseigene Gut (VEG) Weinbau Radebeul, nennt sich jetzt Schloss Wackerbarth – Sächsisches Staatsweingut GmbH. Es gehört auch nicht mehr dem Volke, sondern der Sächsischen Aufbaubank.
Und die hat das Potential gut genutzt. Denn während in einigen Gegenden der Welt ein Château auch mal eine bessere Hinterhofgarage sein kann, verfügt man tatsächlich über ein Barockschloss (Wackerbarths Ruh’) nebst achteckigem Belvedere.
Spätestens ab Ende der 1990er Jahre wurde dann richtig geklotzt. Die angrenzenden DDR-Produktionsgebäude im Lagerhallen-Stil verschwanden und wurden durch ein modernes Ensemble ersetzt. Keine Selbstverständlichkeit im Barock County Dresden. Das Ganze nennt man dann nicht einfach nur Weingut, sondern Erlebnisweingut.
Gott sei Dank hat man dabei nicht Etiketten nicht vergessen. Wir erinnern uns, Dinge die für mich nicht unwichtig sind. Herausgekommen sind sicher keine stylischen Eyecatcher, welche Hipster ganze Paletten ordern lassen. Dennoch eine gelungen Verbindung von Moderne und Tradition, mit praktischem Wiedererkennungswert. Und immer noch mit das Beste, was wir in Sachsen auf Weinflaschen finden.
Die eigenen Etiketten findet die SchlossherrInnen offenbar so gut, dass man in einen förmlichen Editionsrausch verfallen ist. Neben echten Künstleretiketten ist – gefühlt – jede Sehenswürdigkeit der nahen Residenzstadt Dresden auf Wein- oder Sektflaschen zu haben. Von Regenten und deren Kurtisanen wollen wir erst gar nicht reden. Ebenso wenig wie von der Möglichkeit das eigene Konterfei auf eine Flasche pappen zu lassen. Schmerzfrei ist das wirklich nicht.
Aber zum Wein. Der Erneuerung machte auch im Inneren nicht halt. Mit Sonja Schilg als Geschäftsführerin und Jürgen Aumüller als Kellermeister sind Sekt und Weine eine recht sichere Bank geworden. Auch wenn die bewirtschaftete Fläche von ca. 90 Hektar eine für hiesige Verhältnisse exorbitante Größe einnimmt. Bei solchen Größenordnungen hat man auch sein Stück vom kostbaren Radebeuler Steillagen-Kuchen wie „Goldener Wagen“, „Steinrücken“ oder „Johannisberg “ auf dem Teller.
Bei den Sorten steht der Riesling sicher ganz oben, gefolgt von Weißburgunder, Traminer, Kerner, Scheurebe. Die Roten wie Spätburgunder, Frühburgunder und Dornfelder haben es allerdings in ganz Sachsen noch schwer. Nicht nur hier.
Das gilt auch für Beschaffung der sächsischen Weine. Hier stehen sich nach Angebot und Nachfrage oft diametral gegenüber. Dies und die teure Steillagenbewirtschaftung schlagen sich dann auch im Preis nieder. Wie überall im Elbtal wechseln selbst trinkbare Basisqualitäten selten unter zehn Euro den Besitzer.
Wer das bessere Preis-Leistungsverhältnis sucht, greift sich die eher seltenen Spät- und Auslesen. Wie zum Beispiel den 2008er Radebeuler Goldener Wagen Traminer Auslese. Ein paar zermatschte Litschies und einen Finger mit Honig in der Nase. Und natürlich gilt auch bei diesem Traminer: Die Rose ist eine Rose ist eine Rose. Im Mund kommen dann die anderen Finger mit Honig dazu. Welches aber – oh Wunder – keinesfalls matschig süß, sondern cremig, zart herb und frisch wirkt.
Mit 11,0 Vol % Alkohol und 52 Gramm Restsüße, ein leckeres Tröpfchen.
(Dieser Artikel ist so oder in ähnlicher Form vorher auf captaincork.com erschienen.)
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